Auseinandersetzung mit dem „Erwachsenwerden“
Die Klassen 8 B und 8 C setzten sich im Deutschunterricht mit dem „Erwachsenwerden“ auf lyrischer Ebene auseinander, um anschließend das Leitmotiv „Vernunft“ der Epoche der Aufklärung näher ken-nenzulernen. Auf der Grundlage von Julia Engelmanns Gedicht „Erwachsenwerden“ führten sie vorge-gebene Satzanfänge fort und fertigten eigenständig lyrische Texte an. Hierbei ließen sie ihren Gedan-ken freien Lauf.
Text: Sarah Krämer
Schülergedichte (6 Stück):
[…] und mir wird klar, wie schön und sorglos meine Kindheit war:
Laufen lernen und sich von Mama entfernen, Kleinkindgruppe – jetzt ist mir alles schnuppe! Zähne fielen raus, großer Applaus! Erst Karussell drehen und dann shoppen gehen, herumtollen und immer ein Eis wollen! E-Roller fahren – mit vielen Gefahren!
[…] Und ich will nicht an morgen denken […] Dann greift das nämlich alles wie große ölige Zahnräder ineinan-der:
Führerschein machen und lass es dann krachen!
Ausbildung abschließen und freie Zeit genießen! Haus kaufen, frische Luft schnaufen, Kinder kriegen und in den Urlaub fliegen! Faltencreme, Ausgehen und überstehen.
Was ich will? Was ich will, ist …
viel zu erleben! Ich will gute Erfahrungen machen und auch die Schlechten nicht auslassen! Keine Lust mehr zu warten. Ich möchte jetzt starten! Ich will rennen und springen. Ich will jederzeit alles verschlingen! Ich will mich nicht verschätzen und richtige Entscheidungen treffen! Ich will einfach alles übertreffen!
Ida Pickel, Klasse 8 B
[…] und mir wird klar, wie schön und sorglos meine Kindheit war:
Klamotten kaufen, mit Geschwistern raufen; hinsetzen fürs Lieblingsessen; Schaukeln und spielen; Kuscheltier finden und ins Bett pinkeln; Schafe zählen beim Matheverstehen; und Geschichten erzählen vor dem Schlafen-gehen. Mit Mama kuscheln nach dem Tuscheln.
[…] Und ich will nicht an morgen denken […] Dann greift das nämlich alles wie große ölige Zahnräder ineinan-der:
Früh aufstehen und auf Arbeit gehen; Haus putzen und immer wieder stutzen; Möbel kaufen und darauf sau-fen; Schulden bekommen und genommen; Privatsphäre verloren und verschworen; Medikamente nehmen nach und vor dem Dehnen; Auf seinen Körper schauen und verdauen.
Was ich will? Was ich will, ist …
Noten in der Schule, die nicht mein Leben aussagen! Freunde, die echt sind; kein Lachen vorspielen müssen. Eine Welt, in der Wünsche und Träume wahr werden können. Krankheiten, die wieder verschwinden, sobald man nicht mehr nach deren Regeln spielt. Eine Welt, in der ich weiß, dass meine Privatsphäre akzeptiert wird. Eine Welt, die mich nicht tagtäglich auf Probe stellt und mir auch mal Ruhe gönnt. Eine Welt, in der man ganz selbst und auch mal verrückt sein kann.
Nicole Kaiter, Klasse 8 C
[…] und mir wird klar, wie schön und sorglos meine Kindheit war:
Die Schmetterlinge fliegen, du und ich im grünen Gras liegen. Die Bäume scheinen so groß, unser Leben war so sorglos. Egal was auch geschah, Mama und Papa waren immer da. Bei jedem Desaster half ein kleines Trost-pflaster.
[…] Und ich will nicht an morgen denken […] Dann greift das nämlich alles wie große ölige Zahnräder ineinan-der:
Alles beginnt von neu, die Zeit geht so schleichend vorbei. Wie gewohnt zur gleichen Zeit steht die U-Bahn schon am Gleis bereit. Ich setze mich nieder und meine Gedanken fallen immer tiefer. Ach, wie gern wäre ich wieder ein Kind, das lacht, tobt und singt – vor Freud kaum an Sorgen denkt.
Was ich will? Was ich will, ist …
für immer ein Kind sein, von Sorgen frei sein. Nicht jeden Tag mit dem blöden Bauchgefühl in die Schule gehen, sondern einfach wieder jedes Fach verstehen. Die Welt noch einmal mit Kinderaugen sehen und jeden Tag mit den besten Freunden auf den Spielplatz gehen. Mit dem Stuhl hin und her wippen, Mama nach einem Schluck Cola bitten. Sich wieder auf Hausaufgaben freuen und nicht jeden noch so kleinen Fehler bereuen.
Angelina Betz, Klasse 8 C
[…] und mir wird klar, wie schön und sorglos meine Kindheit war:
Jeden Tag mit Mama kuscheln, morgens immer Fernsehen gucken. Auf den Spielplatz gehen, sorglos auf den Schreibtisch sehen. Täglich auf Papas Schultern sein, und energisch durch die Büsche eilen.
[…] Und ich will nicht an morgen denken […] Dann greift das nämlich alles wie große ölige Zahnräder ineinan-der:
Immer aufstehen, anziehen, Tasche packen, Schuhe an und ab zum Bus, wenn auch dabei kein Genuss. Irgend-wann dann Geld verdienen, sowie mich auch zu verlieben. Und wenn du nicht vernünftig bist, werden Kontakte abgeknüpft.
Was ich will? Was ich will, ist …
zwei Eltern, die sich leiden können. Lachen, bis die Tränen kommen. Lesen, wenn die Nacht anbricht und spa-zieren gehen im Tageslicht. Ich möchte Muscheln sammeln, Blumen pflanzen, diese dann am Leben halten. Ich möchte Menschen in Ruhe kennenlernen, doch ebenso immer etwas Neues tun.
Alysha Kotses, Klasse 8 C
[…] und mir wird klar, wie schön und sorglos meine Kindheit war:
Diese ganzen Erinnerungen, die man nie vergessen wird: Fahrradfahren, Schlittschuhlaufen, Eis essen und ins Schwimmbad gehen, Klamotten bemalen, Filme schauen, in der Grundschule Pferdchen spielen, Bilder malen, Höhlen mit Kissen bauen und der ganze Rest.
[…] Und ich will nicht an morgen denken […] Dann greift das nämlich alles wie große ölige Zahnräder ineinan-der:
Der ganze Stress in der Schule. Abends im Bett liegen und denken, dass die Hausaufgaben noch nicht fertig sind. Die ganzen Lehrer, die nerven. Zu denken, ich darf erst raus, wenn Mama ja sagt. Frustriert sein, wenn die Schulaufgabe schlecht war.
Was ich will? Was ich will, ist …
abends im Bett liegen und denken, heute muss ich keine Hausaufgaben machen oder morgen muss ich nicht gestresst in die Schule gehen. Ich kann frei sein und nicht erst mein Zimmer aufräumen, bevor ich gehen darf, weil Mama das sagt. Ich kann überall und wann ich will mit dem Auto hinfahren, doch die Kindheit bringt auch so viele Dinge, die ich will, mit sich…
Magdalena Schilling, Klasse 8 B
[…] und mir wird klar, wie schön und sorglos meine Kindheit war:
mit Freunden auf dem Spielplatz gespielt, in den Bach gestiegen, Klingelstreiche von Haus zu Haus, Baumhäu-ser gebaut. Mit Freunden Fußballkarten getauscht und abends um sieben wieder im Haus. Nicht später als die Glocken, sonst war der Sandmann schon aus.
[…] Und ich will nicht an morgen denken […] Dann greift das nämlich alles wie große ölige Zahnräder ineinan-der:
Schule beenden, ein Studium vollenden, die Freizeit verschwenden. Vor lauter Stress den Arm verrenken. Freundschaften versenken und den Tag mit der Tagesschau beenden.
Was ich will? Was ich will, ist …
jung bleiben, doch irgendwie auch erwachsen sein. Geld verdienen, von zuhause weg fliegen und in der Sonne liegen. Aber nicht allein, sondern meine Freunde sind mit dabei. Doch das Erwachsensein hält unsere Freund-schaft nur noch an einem dünnen Seil, darum bleib ich lieber noch ein bisschen klein.
Annika Gebhardt, Klasse 8 B